Verträge

Verträge elektronisch unterzeichnen – Do’s und Don’ts bei e-Signaturen

Aktualisiert am 01/09/2023

Digitale Dokumente prägen den Geschäftsalltag – auch im Bereich der Verträge. Elektronische Unterschriften sind entsprechend praktisch und zeitgemäss. Eine e-Signatur hat aber nicht in jedem Fall die gleiche Rechtskraft wie eine physische Unterschrift auf Papier.

Um einen Vertrag mittels elektronischer Signatur (e-Signatur) gültig zu unterzeichnen, müssen zwei Punkte beachten werden

Punkt 1: Bestehen Formvorschriften?

Um einen Vertrag zu schliessen, verlangt das Gesetz “die Äusserung eines übereinstimmenden Willens” zwischen den Vertragsparteien. Je nach Art des Vertrages (z.B. Kaufvertrag oder Arbeitsvertrag) bestehen gewisse Anforderungen danach, wie die Parteien ihren Willen äussern. Dies bezeichnet man als Formvorschriften. Es gibt vier unterschiedliche Formvorschriften:

  • Formfreiheit: Wann immer das Gesetz für einen Vertrag keine Formvorschrift vorsieht, gilt das Prinzip der Formfreiheit. Dies bedeutet, dass die Parteien ihren Willen zum Vertragsschluss beliebig äussern können – beispielsweise schriftlich auf Papier, in einer E‑Mail, mittels einer Standard e-Signatur oder gar rein mündlich. Damit jedoch der Vertragsschluss später auch nachgewiesen werden kann, empfehlen wir stets Textform.
  • Einfache Schriftlichkeit: Gewisse Verträge verlangen eine Erklärung in Schriftform und die eigenhändige Unterschrift aller Vertragsparteien. Dies umfasst die physische Unterschrift auf Papier sowie die Qualifizierten e-Signaturen. Nicht ausreichend ist etwa das Einfügen einer gescannten Unterschrift in ein PDF- oder Word-File oder reiner E-Mailverkehr.
  • Qualifizierte Schriftlichkeit: Bei der qualifizierten Schriftlichkeit müssen zusätzliche (inhaltliche oder formelle) Vorgaben eingehalten werden. Diese Fälle sind jedoch selten und jeweils sehr spezifisch: Beispielsweise muss der Vermieter zwingend ein kantonales Formular verwenden, wenn er eine Mietwohnung kündigen möchte.
  • Öffentliche Beurkundung: Letztlich verlangen gewisse Verträge eine öffentliche Beurkundung durch einen Notar.

Für die überwiegende Mehrheit von Verträgen gilt das Prinzip der Formfreiheit und sie können damit in einer beliebigen Form abgeschlossen werden. Die soeben beschriebenen, gesetzlichen Vorgaben sind jedoch nur eine Seite der Medaille. Zusätzlich können auch im Vertrag selbst Formvorschriften vorgesehen werden. Dabei gilt folgender Grundsatz: Es kann jederzeit eine strengere Formvorschrift vereinbart werden, aber nicht umgekehrt.

Beispiel:
Ein Unternehmer bezieht von seinem Lieferanten regelmässig Hardware und schliesst dazu Kaufverträge. Das Gesetz sieht für solche Kaufverträge keine besondere Form vor – entsprechend steht es dem Unternehmer frei, ob er diese Kaufverträge schriftlich, via E-Mail oder übers Telefon abschliessen möchte. Dennoch wird sowohl Unternehmer als auch Lieferant regelmässig ein Interesse daran haben, vertraglich gewisse Grundregeln festzulegen und etwa telefonische Bestellungen auszuschliessen. Möchten der Unternehmer hingegen ein Grundstück erwerben – ein Grundstückskaufvertrag muss nach Gesetz öffentlich beurkundet werden – kann nicht vertraglich vereinbart werden, dass dieser Kauf via E-Mail abgeschlossen wird.

Es ist daher stets zu überprüfen, ob ein Vertrag Klauseln zu Formvorschriften enthält. Dazu ist nicht einmal zwingend eine ausdrückliche Klausel nötig. Bezogen auf obiges Beispiel zum Kauf von Hardware: Wenn der Unternehmer die Bestellungen bei dem Lieferanten immer schriftlich tätigt (obschon der Vertrag dies nicht verlangt), kann das als implizite Vereinbarung aufgefasst werden, dass auch künftige Bestellungen schriftlich erfolgen müssen.

Letztlich besteht vertraglich viel Gestaltungsspielraum und es kann auch gezielt die Verwendung von e-Signaturen erleichtert werden. Beispielsweise wird vereinbart, dass “Schriftlichkeit” auch e-Signaturen umfasst oder es wird gar “Textform” vereinbart, was dann aber zusätzlich auch E-Mails oder Textnachrichten beinhaltet.

Punkt 2: Welche e-Signatur wird verwendet?

Es gibt nicht “die” e-Signatur und unterschiedliche Anbieter bieten unterschiedliche Lösungen. Aus rechtlicher Sicht lassen sich jedoch zwei Kategorien bilden:

  • Qualifizierte e-Signaturen: Qualifizierte e-Signaturen erfüllen gewisse technische Standards und sind von einer offiziellen Stelle akkreditiert. Um eine Qualifizierte e-Signatur zu verwenden, muss man sich zuerst bei einem Anbieter registrieren und seine Identität verifizieren (vor Ort oder per Video). Der Registrierungsvorgang ist umständlich – entsprechend wird die Qualifizierte e-Signatur in der Praxis bisher nur spärlich verwendet. Die Qualifizierte e-Signatur ist rechtlich gleichgestellt mit der einfachen Schriftlichkeit.
  • Standard e-Signaturen: Sämtliche anderen e-Signaturen fallen unter den Begriff der Standard e-Signaturen. Beliebte Standard e-Signaturen sind etwa DocuSign oder die Unterschriften-Funktion von Adobe Acrobat. Erfasst sind aber grundsätzlich alle Lösungen, mit denen ein digitales Dokument auf digitale Weise unterschrieben werden kann. Die Funktionalitäten und Sicherheitsstandards können je nach Anbieter variieren. Um allfällige Beweisproblematiken zu vermeiden, sollte nachvollzogen werden können, wann ein Dokument von wem unterzeichnet wurde (z.B. durch eine entsprechende Verschlüsselung des Dokuments). Es ist daher zu vermeiden, bloss ein Bild einer Unterschrift in ein Dokument einzufügen – dies hat allenfalls nur beschränkte Beweiskraft.

Zulässige Kombinationen

Wie gesehen ist zuerst zu prüfen, welche Formvorschriften für den Vertragsabschluss gelten, sei dies aufgrund des Gesetzes oder weil diese vertraglich vereinbart wurden. Zweitens muss unterschieden werden, ob eine Qualifizierte oder eine Standard e-Signatur verwendet wird. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick, welche Kombinationen zulässig sind und was wir in praktischer Hinsicht empfehlen:

FormvorschriftenE-signaturen
Formfreiheit
Insbesondere: Kaufvertrag, Werkvertrag, Auftrag, Vollmacht und viele Weitere.
Empfehlung für die Praxis: Standard e-Signaturen im Alltag. Physische Unterschriften oder Qualifizierte e-Signaturen sofern die Gegenpartei dies verlangt.
Einfache Schriftlichkeit
Insbesondere: Übertragung von Aktien und Stammanteilen, gewisse Klauseln im Arbeitsvertrag (z.B. Verlängerung der Probezeit oder Konkurrenzverbot).
Nur Qualifizierte e-Signaturen

Empfehlung für die Praxis: Physische Unterschriften oder Qualifizierte e-Signaturen.
Qualifizierte Schriftlichkeit (selten)

Etwa: Kündigung von Wohn- oder Geschäftsräumen durch den Vermieter, Erstellen einer Patientenverfügung oder eines handschriftlichen Testaments.
Keine Verwendung von e-Signaturen

Empfehlung für die Praxis: Genaue Formvorschriften im Einzelfall prüfen.
Öffentliche Beurkundung Keine Verwendung von e-Signaturen

Ausländische e-Signaturen

Im Ausland anerkannte e-Signaturen gelten nicht ohne Weiteres als Qualifizierte e-Signaturen nach Schweizer Recht und vice-versa. Die gegenseitige Anerkennung bedarf internationaler Abkommen, wobei die Schweiz bisher keine solche Abkommen geschlossen hat. Entsprechend können Verträge, welche Schweizer Recht unterliegen und einfache Schriftlichkeit bedürfen, grundsätzlich nicht mit einer ausländischen e-Signatur unterzeichnet werden – auch wenn diese im Ausland anerkannt ist. Verträge, für welche die Formfreiheit gilt, können aber auch mit ausländischen e-Signaturen unterzeichnet werden. Hier gilt generell wieder, dass man Anbieter vergleichen und eine sichere Lösung wählen sollten.

Fazit

Die grosse Mehrheit von Verträgen können unter Schweizer Recht gültig mit einer Standard e-Signatur unterzeichnet werden. Um Beweisproblematiken zu umgehen, sollten jedoch die unterschiedlichen Anbieter von Standard e-Signaturen verglichen und eine Lösung mit hohen Sicherheitsstandards ausgewählt werden. Wichtige Ausnahmen, bei denen eine Standard e-Signatur nicht ausreichend ist, umfassen etwa die Übertragung von Aktien und Stammanteilen sowie gewisse Klauseln im Arbeitsvertrag – oder sofern die Vertragsparteien eine spezifische Form vereinbaren. Trifft eine solche Ausnahme zu, sollte der Vertrag physisch unterzeichnet (und das Original sicher verwahrt) werden oder eine Qualifizierte e-Signatur gewählt werden.

By Florian Prantl

Senior Legal Counsel

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